Die meisten kommen durchs Fenster

Wann war im Haus das letzte Mal ein Fenster länger auf, ohne dass jemand im Raum war? Jetzt etwa? Das passiert jedem mal, ist aber für einen Einbrecher auf Erkundungstour die Gelegenheit – egal ob jemand da oder das Haus leer ist. Es lohnt sich, hier nachzurüsten.

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Aufhebeln mit der Brechstange: Viele Fenster lassen sich laut Experten mit einfachen Werkzeugen öffnen. Bild: Henning Kaiser/dpa-tmn

Stuttgart/Frankfurt. (dpa/tmn) Der beliebteste Einstiegsweg ins Haus für Einbrecher sind – die Fenster. „Über 80 Prozent der Täter hebeln Fenster oder Terrassentüren auf“, sagt Helmut Rieche, Vorsitzender der Initiative für aktiven Einbruchschutz „Nicht bei mir!“. Das passiert in Minutenschnelle und fällt in der Nachbarschaft kaum auf. „Der größte Teil der Diebe sind Gelegenheitsverbrecher. Sie erkennen eine Möglichkeit, schnell einzusteigen und verschwinden dann auch rasch wieder.“

Perfekte Einladung

Das heißt: Oftmals stehen die Fenster schon offen, sind gekippt und haben dazu noch Aufstiegshilfen wie Mülltonnen oder Leitern direkt davor stehen. Die perfekte Einladung. Daher lautet der wichtigste Rat von Harald Schmidt, Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention in Stuttgart, zur besseren Sicherung von Wohnraum gegen Einbrecher auch: „Verschließen Sie Fenster, Balkon- und Terrassentüren, auch wenn Sie nur kurz weggehen. Aber schließen Sie tagsüber nicht die Rollläden, denn das signalisiert den Dieben geradezu, dass niemand im Haus ist.“

Besser nachrüsten

Aber ebenso wichtig wie diese Verhaltensregeln ist die technische Sicherung. „Die üblichen Fensterkonstruktionen bieten keinen Schutz“, stellt Kriminaloberrat Schmidt klar.

 

Einbrecher haben ein gutes Auge dafür, wenn irgendwo eine Sicherheitslücke klafft.

Helmut Rieche, Vorsitzender der Initiative für aktiven Einbruchschutz „Nicht bei mir!“

 

„Sie lassen sich mit einfachen Werkzeugen öffnen.“ Daher kommen im Neubau heute oftmals schon direkt einbruchhemmende Fenster und Fenstertüren zum Einsatz. Sie lassen sich aber auch nachrüsten.

In allen Materialien

Einbruchhemmende Fenster werden in sieben Widerstandsklassen von RC 1 N bis RC 6 eingeteilt, wobei letztere die höchste ist. Uneingeschränkt für den Privatgebrauch empfehlenswert sind aus Sicht der Initiative K-Einbruch von Polizei und Wirtschaft Fenster ab Klasse RC 2. Gleichwertig sind Fenster, die nach der bis September 2011 gültigen Vornorm geprüft wurden, der DIN V ENV 1627.

„Einbruchhemmende Fenster werden in allen gängigen Materialien wie Holz, Kunststoff oder Metall angeboten“, sagt Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade in Frankfurt. „Es kommt auf das Zusammenspiel verschiedener Komponenten an, damit sie auch wirklich gut schützen.“

Das heißt: Die Befestigung der Scheibe im Fensterflügel, die Beschläge und die Schließeinrichtung müssen allesamt sicher sein. Dazu kommt die Montage des Fensters im Mauerwerk. Auch sie muss nach den Vorgaben des Herstellers für die jeweilige RC-Stufe erfolgen. Schmidt erklärt, dass als einbruchhemmend verkaufte Fenster einer praxisgerechten Einbruchprüfung unterzogen werden. So soll sichergestellt werden, dass es in der Gesamtkonstruktion von Rahmen, Beschlag und Verglasung keine Schwachpunkte gibt.

Solche Fenster haben zum Beispiel zusätzlich mehrere Pilzkopfzapfen am innenliegenden Beschlag, die für Experte Rieche erst eine wirksame Einbruchhemmung ausmachen. Sie sind rundum am Rahmen angeordnet und haben eine T-Form. So können sie beim Schließen in mit dem Rahmen verschraubte Stahlschließbleche greifen und sich festkrallen.

Zusätzlich verriegeln

Eine Nachrüstung von einbruchhemmender Technik ist auch bei älteren Fenstern möglich, so die Initiative K-Einbruch. So lässt sich zum Beispiel der übliche Einhand-Drehkippbeschlag zum Öffnen der Fenster häufig um Sicherheitselemente erweitern oder gegen ein einbruchhemmendes Modell austauschen. Auch zusätzliche Verriegelungen können dafür sorgen, dass das Fenster länger Einbruchsversuchen standhält. Dabei muss die Bandseite ebenso wie die Griffseite gesichert werden, erklärt Rieche.

Der Hausbesitzer muss seinen Alltag auch nicht unbedingt verändern, um Einbrechern Chancen zu rauben: Will man Fenster weiterhin häufig gekippt offen lassen, können Gitter nachgerüstet werden – am besten auch mit mindestens Widerstandsklasse RC 2. Für Kellerfenster sind feststehende Gitter, abschließbare Fenstergitter oder eine vorgelegte Riegelstange gute Lösungen.

Sinnvolle Investition

Das Nachrüsten kostet zwar Geld, und mancher kann es sich nur schrittweise leisten. Rieche rät allerdings, alle Fenster und Fenstertüren im Haus gleichermaßen gut abzusichern. „Einbrecher haben ein gutes Auge dafür, wenn irgendwo eine Sicherheitslücke klafft.“

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Dass sich Fenstergriffe abschließen lassen, ist allein nicht unbedingt ein ausreichender Einbruchschutz. Verbraucher sollten sich an den Widerstandsklassen für einbruchhemmende Fenster orientieren.

Bild: Henning Kaiser/dpa-tmn


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