Die neuen Kleinen für die Kuschelecke

(dpa/tmn) Sie nennen sich Daybed, Récamiere, Chaiselongue oder zu gut Deutsch Sitzliege. Sie wirken manchmal wie stylishe, sehr bequeme Gartenliegen oder meist wie die kleinen Vorgänger des Sofas, auf denen sich einst die adeligen Damen den Tag vertrieben. Neben dem Sessel drängen sich derzeit eine ganze Reihe solcher Sofa-Alternativen auf den Markt. Ihr Merkmal: Meist passt nur ein Mensch darauf, und meist kann er die Beine ausstrecken oder sich sogar hinlegen. Das Interessante: Diese Möbel bedienen gleich drei Bedürfnisse und passen zu Entwicklungen der letzten Jahre im Wohnraum:

82804787.jpgDer um eine direkt angeschlossene Fußfläche erweiterte Liegestuhl Scala von Maisons du Monde ergänzt eine Sitzechte mit Stuhl und Hocker. Bild: dpa/maisonsdumonde.com

■ 1. Kleinere Möbel sind gefragt: Die Landflucht hält an, immer mehr Menschen ziehen in die Städte. Die hohen Mieten drängen die Großstädter in kleinere Wohnungen. Hier werden kleine Möbel gebraucht, sagt Ursula Geismann von Verband der Deutschen Möbelindustrie in Bad Honnef bei Bonn. Hinzu kommt: Es gibt immer mehr Single-Haushalte – bei im Schnitt 43 Quadratmeter pro Kopf ist hier nicht viel Platz für eine Sofalandschaft. Die kleineren Varianten sind ebenso gemütlich.

Geismann sieht die kleinen Möbel auch als Chance, schnell mal die Optik des Raumes wieder zu verändern – auch in großen Häusern und Wohnungen. „In den offen gestalteten Grundrissen vieler Neubauten kann man flexibler sein bei der Gestaltung.“ Kleine Möbel lassen sich schnell hochheben sowie einfach verschieben und geben so dem Raum immer wieder eine neue Optik. „Hier passt nicht immer eine fünf bis sieben Quadratmeter große Sofalandschaft hinein“, findet Geismann. Zumal sich viele heute auch nicht mehr an große Möbel und damit eine gleichbleibende Optik des Wohnzimmers für zehn Jahre binden wollen.

■ 2. Alte Designs sind beliebt: Dann gibt es ganz allgemein in der Möbelproduktion einen Rückgriff auf alte Designs, Designer lassen alte Formen wieder aufleben. Auch die alten Sofavorgänger tauchen nun wieder auf. Wie die Chaiselongue aus dem 18. Jahrhundert, im Englischen als Longchair bekannt. Übersetzt heißt das langer Stuhl, wir kennen es auch als Römersofa – ihr Vorgänger ist antik. Auf so einem Möbel saß oder lag möglicherweise Cäsar und ass Weintrauben.

82804774.jpgSo sahen die ursprünglichen Liegen im 18. Jahrhundert nicht aus: Designer setzen bei der Wiederauflage der bequemen Sofa-Alternativen auf moderne Formen – wie auch bei Müller Möbelwerkstätten zu sehen. Bild: dpa/VDM/Müller Möbelwerkstätten

Es handelt sich im Grunde um einen Stuhl oder Sessel mit Fußraum. „Diese Stücke standen früher in jedem guten Haushalt“, berichtet die Trendanalystin Gabriela Kaiser aus Landsberg am Lech (Bayern). „Ihre Formen sind aber auch heute noch interessant: Sie haben eine schöne Asymmetrie.“ Die Récamiere, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert, ist der Chaiselongue ähnlich, hat aber zwei hochgeschwungene Armlehnen und keine Rückenlehne.

Man muss hier aber die Frage stellen: Gibt es denn keine neuen Ideen mehr auf dem Markt? Doch, betont Kaiser. Aber der Rückgriff auf geschätzte Formen ist logisch. Zumal: „Diese Stücke wirken in unseren Augen sehr modern, denn es handelt sich um relativ reduzierte Formen.“ Und die Designer lassen zwar die alten Ideen, nicht aber ihre komplette Gestaltung in der Vergangenheit wieder aufleben.

■ 3. Möbel für Kuschelecken sind gefragt: Die Menschen legen aktuell sehr viel Wert auf die Einrichtung ihres Zuhauses. Und zwar einerseits zur Repräsentation: Man zeigt durch die Einrichtung, wer man ist. Andererseits ist man auch wieder gerne viel zu Hause, man zieht sich zurück, kuschelt und nistet sich ein. So sprach man etwa auf der Internationalen Möbelmesse IMM Cologne in Köln zum Jahresbeginn sogar von der neuen „deutschen Gemütlichkeit“.

Hier kommt den Sofa-Alternativen eine besondere Rolle zu, erklärt die Trendexpertin Kaiser. Sie ersetzen in den größeren Wohnungen und Häusern nicht die Sofas, sondern können eine Ergänzung sein. „Ich glaube, dass die Menschen, die ein paar Quadratmeter mehr zur Verfügung haben, sich diese Möbel als Art Leseund Rückzugsecke in den Raum holen“, sagt Kaiser. „Es ist ein Wohlfühlort, an dem man auch mal alleine sein kann.“

Semling sieht das anders: „Ich persönlich empfinde solche Stücke als Ergänzung zum Sofa, direkt daneben.“ Für sie sind die Möbel ein guter Ort, wo man abends gemütlich mit Freunden oder Familie zusammensitzen und sich unterhalten kann. „Am Esstisch sitzt man dafür zu gerade, in die Couch lässt man sich fallen, und man sinkt ein.“


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