Mehr als nur Papier

(dpa/tmn) Bambus, Hanf, Sisal – wer das Exotische für die Wohnung sucht, wird bei immer mehr Tapetenhändlern fündig. Naturtapeten aus nachwachsenden Rohstoffen sorgen mit ihren warmen Farben für Atmosphäre. Ihre unverfälschten Fasern und Strukturen heben jede Wand hervor. Das hat aber auch seinen Preis.

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Die Fasern von Leinen und Sisal lassen sich auf der Tapete nachfühlen. Bild: DTI/Rasch Textil

„Die Nachfrage nach Naturtapeten nimmt stetig zu“, sagt die Innenarchitektin Marianne Gollub aus Berlin. Vor allem Gräser und Bambus seien in der Wohnung beliebt. Rudolf Dietzmann, der in Berlin ein Fachgeschäft für Naturtapeten betreibt, berichtet: „Eigentlich gibt es Naturtapeten schon seit über 35 Jahren in Deutschland zu kaufen. Doch erst mit dem allgemeinen Trend zu mehr Naturmaterialien interessieren sich die Leute dafür.“

Gras- und Bambustapeten werden in China noch traditionell von Hand gefertigt. „Dort werden Gräser wie Pfeilwurzel, Manila-Hanf und Bambus am Webstuhl zu einem Gewebe verarbeitet“, erklärt Dietzmann, der seine Tapeten direkt aus Fernost bezieht. Ein dünner Baumwollfaden hält die Grashalme zusammen. Anschließend kommen die Gewebe mit Leim auf ein Trägerpapier.

Nur wenig Hersteller

In Deutschland ist der Hersteller Rasch Textil aus Bramsche bei Osnabrück einer der wenigen Hersteller, der Gras- und Bambustapeten vertreibt. Form und Farbe der getrockneten, dünnen Gräser aus der Serie „Vista“ bleiben weitestgehend erhalten. Gleiches gilt für die Kollektion „Zen II“ von Tescoha, einem Importunternehmen von Naturwandbekleidungen aus Essen. Bambus, Hanf und Schilf reihen sich hier Halm an Halm auf das Papier – mal gefärbt in warmen Rot-, Gelb- und Grüntönen, mal naturbelassen. Auch Muster kommen vor: Der asiatische Schwarzrohrbambus diente als Ideengeber für eine Camouflage-Tapete.

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„Stoneplex“-Tapeten haben eine dünne Sandsteinschicht. Struktur und Maserung bleiben erhalten – auch beim Biegen des Natursteins. Bild: DTI/A.S. Creation

Etwas unauffälliger im Design sind Tapeten aus Leinen und Sisal. Bei der Kollektion „Pure Linen“ von Rasch Textil und dem „Trendvlies Sisal“ des Herstellers Erfurt aus Wuppertal werden die Naturfasern zu einer Vliestapete verarbeitet. Ihre Fasern lassen sich auf der Tapete nachfühlen und sind – wenn man genau hinschaut – deutlich sichtbar. Trotz beziehungsweise genau wegen ihrer Schlichtheit lassen sich mit diesen Naturtapeten ganze Räume tapezieren.

Bei Grastapeten sieht das anders aus: „Naturbelassener Bambus im ganzen Raum sehe zu holzig aus – so wie ein Holzkästchen“, sagt Innenarchitektin Gollub. Sie empfiehlt, nur eine Wandseite mit so einer Naturtapete zu tapezieren. Man könne auch nur eine Stelle hinter dem Bett oder Sofa auskleiden, um sie optisch zu trennen und gleichzeitig vorzuheben.

„Neben dem Bambus kann man eine Prägetapete mit einer unifarbenen Naturfarbe anbringen“, erklärt sie. Eine andere Möglichkeit ist, zwischen die Grastapeten einen Streifen Farbe oder einen Spiegel zu setzen. Darauf weist Tapetenverkäufer Rudolf Dietzmann hin.

Im Vergleich zur Raufaser, die pro Rolle mit 25 Metern etwa fünf Euro kostet, sind Naturwerkstoffe um ein Vielfaches teurer. „Die günstigste Grastapete kostet bei uns 153 Euro pro Rolle“, sagt Dietzmann. Darauf passen zehn Meter. Der höhere Preis im Vergleich zu herkömmlichen Papier- und Vliestapeten ist ein Grund, warum Naturtapeten noch als Nischenprodukt gelten, sagt Karsten Brandt, Geschäftsführer des Deutschen Tapeten-Institutes in Düsseldorf

Tapezierer engagieren

„Da die Tapeten hochpreisig sind, würde ich Heimwerkern nicht empfehlen, sie selbst zu kleben“, sagt Gollub. „Ein erfahrener Tapezierer kennt sich besser mit den Klebeverfahren von Naturtapeten aus.“ Eine Ausnahme seien Tapeten auf Vliesträgern, sagt Karsten Brandt. „Die sind besser zu verarbeiten als reine Naturmaterialien.“ Sie kommen fast so wie eine normale Vliestapete an die eingekleisterte Wand.

Ein Nachteil von Naturtapeten ist, dass sie sich nicht gut reinigen lassen. „Wer kleine Kinder hat, die an die Wand klecksen, sollte aufpassen“, erläutert Gollub. „Die Pflanzenfasern lassen sich kaum mit Wasser reinigen, sondern nur abstauben.“ Wer unter einer Hausstauballergie leidet, sollte sich ebenfalls eine andere Tapetenart aussuchen, empfiehlt die Zeitschrift „Ökotest“ (Ausgabe Juli 2013). Staub findet in den offenen Strukturen gut Halt.

Fürs Bad ungeeignet

„Korktapeten hingegen lassen sich auch abwaschen“, erklärt Gollub. Da sie unempfindlicher als andere Naturtapeten seien, können sie auch im Flur hängen. Im Badezimmer sind Naturtapeten hingegen eher nicht geeignet. „Das Material kann aufweichen“, warnt die Innenarchitektin.

In erster Linie sind es Naturliebhaber, die solche Tapeten bevorzugen, erzählt sie weiter. „Das sind oft Menschen, die sich auch für Feng Shui und Biokost interessieren.“ Wieder andere wollen ihr Zuhause Besuchern präsentieren: „Wer bei seinen Gästen einen Eindruck hinterlassen will, wählt eher Naturfasern, die mit goldenen Streifen durchzogen sind“, sagt Marianne Gollub.

Ein Blickfang für Räume sind Tapeten mit echten Blättern. Hauchdünne braune, grüne, rote und weiße Blätter kleben auf handgefärbten Papieren und Korkböden. Eine Rolle mit zehn Metern gibt es ab einem Preis von etwa 280 Euro – in Dietzmanns Geschäft stammt sie aus Korea. „Naturtapeten werden dort produziert, wo ihre Rohstoffe herkommen“, sagt Dietzmann. „Das ist Asien, insbesondere China und Korea, wobei die Gräser auch aus anderen Teilen der Welt kommen könnten.“ Kork stammt häufig aus Portugal oder Spanien.

In Südeuropa produziert werden auch die „Stoneplex“-Tapeten aus Sandstein, die beim Unternehmen Architects Paper in Gummersbach bei Köln entworfen wurden. Eine dünne Sandsteinschicht wird für diese Tapete in einem Steinbruch gewonnen und auf ein feines Baumwollgewebe gebracht. Struktur und Maserung bleiben erhalten, auch beim Biegen des Natursteins.

Material auf Rolle

„Das Material ist so flexibel, dass wir es auf Rolle anbieten“, sagt Vertriebsleiter Martin Hisge. Die warmen Farbnuancen des Sandes bezeichnet er als Mittel, mit dem man Highlights in der Wohnung setzen könne – etwa an einer Wand um einen Kamin, an einem Sockel oder einer Säule. „Das Material staubt nicht und reagiert robust gegen Stöße“, erläutert Hisge. „In Kontakt mit Flüssigkeiten können aber Verfärbungen auftreten.“ Pro Quadratmeter kostet das Produkt inklusive des Tapezierens durch einen Profi rund 140 Euro.


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