Problemfall Asbest: Was können Mieter tun?

Asbest war als Baustoff lange beliebt. Daher schlummert der krebserregende Stoff auch noch in vielen Wohnungen. Für Mieter kann das eine unangenehme Überraschung sein.

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Nur etwas für Profis: Arbeiter in Schutzanzügen und mit Luftfiltern über Mund und Nase entfernen Asbestplatten vom Dach eines alten Gebäudes. Bild: Bernd Wüstneck/dpa

Berlin. (dpa) Es passiert immer wieder: Mieter vereinbaren mit ihren Vermietern, dass sie den alten Bodenbelag ihrer Wohnung selbst entfernen. Doch beim Abriss kommen darunter zerbrochene Platten zum Vorschein. Sofort kommt der Verdacht auf: Das könnte Asbest sein. Diesen Verdacht haben regelmäßig viele Menschen, denn erst 1993 wurde der krebserregende Baustoff in Deutschland verboten. Zuvor war Asbest jahrzehntelang als billiger brandhemmender, wärmedämmender und säurebeständiger Stoff beliebt und wurde vielfältig verbaut: in Fassadenplatten, Dachpappe und -platten, Bodenbelägen und sogar in Putz, Fliesenkleber oder Spachtelmasse. Nach einer Schätzung des Bundesumweltministeriums enthalten noch etwa 20 Prozent aller Bauwerke in Deutschland Asbest. Allein in der Hauptstadt geht der Berliner Mieterverein von etwa 120000 asbestbelasteten Wohnungen aus. Gefährlich wird Asbest erst beim Aufbrechen, Abschleifen oder Abreißen, wenn zuvor fest verbundene Fasern freigesetzt werden. Doch meist ist es für Mieter gar nicht leicht zu ermitteln, ob sie es überhaupt mit Asbest zu tun haben. Ohne eine Laboruntersuchung ist Asbeststaub von anderem Baustaub nicht zweifelsfrei zu unterscheiden. Jedoch haben Mieter im Zusammenhang mit Asbest verschiedene Rechte:

Auskunftsrecht:

Hegt ein Mieter den Verdacht auf Asbest, ist der Vermieter zu einer verbindlichen Auskunft verpflichtet. Am besten sollte die Anfrage hierzu schriftlich gestellt werden, erklärt der Berliner Mieterverein. Falls der Vermieter nicht reagiert oder die Auskunft verweigert, können Mieter selbst ein Institut beauftragen Proben zu nehmen. Bestätigt sich der Asbestverdacht, muss der Vermieter die Kosten für die Untersuchung erstatten.

Mietminderung:

Eine Mietminderung ist zulässig, wenn eine Wohnung nicht mehr nutzbar ist, ohne die Gesundheit zu gefährden. Der Mieter muss den Vermieter dann schriftlich über den Mangel informieren und auffordern, ihn zu beseitigen. Wie hoch die Mietminderung sein darf, ist davon abhängig, wie sehr der Mieter beeinträchtigt wird. Das Landgericht Berlin etwa hielt laut dem Berliner Mieterverein eine Minderung von zehn Prozent für angemessen (Az.: 65 S 419/10).

Asbestbeseitigung:

Bei beschädigten Asbest-Materia-lien haben Mieter Anspruch auf die unverzügliche Beseitigung durch den Vermieter. Schwieriger sieht es bei der Beseitigung von fest gebundenem Asbest in Mietwohnungen aus, also zum Beispiel von intakten Bodenplatten. „Bei noch intaktem Asbest erscheint mir ein Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters letztlich nicht durchsetzbar, da ja nach bisherigen Erkenntnissen eine Gefährdung des Mieters nicht vorliegt“, sagt die Rechtsanwältin Beate Heilmann, die sich beim Deutschen Anwaltverein (DAV) in der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien engagiert. „Mir sind keine erfolgreichen Fälle der Durchsetzung bekannt.“

Sanierungsmaßnahmen:

Bei einer Asbestsanierung sollten Mieter ganz genau hinschauen, denn sie darf nur von einer zugelassenen Fachfirma vorgenommen werden. Gegenüber dem Mieter muss sie sich als solche ausweisen können. Kann sie das nicht, sollte man die Firma gar nicht erst in die Wohnung lassen, empfiehlt Dietmar Wall, Jurist beim Deutschen Mieterbund (DMB). Wenn nicht nur ein Raum saniert werden muss, können Mieter für die Dauer der Sanierung eine Ersatzwohnung anmieten. Die Miet- und auch die Umzugskosten muss der Vermieter tragen. Das gilt für sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Asbestsanierung. Anschließend muss der Vermieter durch eine Messung der Raumluft sicherstellen, dass keine Asbestfasern in der Wohnung sind.

Schadenersatz:

Hat ein Vermieter die genannten Pflichten verletzt, hat der Mieter Schadenersatz- oder Schmerzensgeldansprüche. Er muss aber den Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Vermieters und dem konkreten gesundheitlichen Schaden beweisen können. „Die Beweisführung ist gewiss schwierig, aber natürlich über ein medizinisches Sachverständigengutachten grundsätzlich denkbar“, sagt Beate Heilmann.

Warnung:

Nach Auffassung des Mieterbundes müssen Vermieter ihre Mieter vor Asbest warnen, auch wenn dieser fest verbaut ist. Altern die Materialien dann oder gehen zu Bruch und werden dabei Fasern frei, müsse schnellstmöglich fachgerecht saniert werden, ansonsten sei Schmerzensgeld fällig. Diese Auffassung stützen auch Gerichtsentscheidungen aus der Vergangenheit. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat verweist darauf, dass der Vermieter den Mieter vor Asbestbelastung in der Raumluft schützen muss. Ein Mangel könne vorliegen, wenn zum Beispiel in einer Mietwohnung asbesthaltige Bauprodukte zu einer konkreten Gesundheitsgefahr werden oder wenn der Vermieter das Nichtvorhandensein von Asbest zugesichert habe.

Bestätigung:

Sollte man sich vom Vermieter die Asbestfreiheit der Wohnung schriftlich bestätigen lassen? „Damit läge eine zugesicherte Eigenschaft vor, für welche der Vermieter sogar verstärkt eintreten müsste“, sagt Rechtsanwältin Beate Heilmann. Genau deshalb sei es aber fraglich, ob der Vermieter sich dazu bewegen lasse – oder der nachfragende Mieter die Wohnung überhaupt erst erhält. 


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