Wenig Platz, viel Komfort:Leben im 14-Quadratmeter-Stromhäuschen

Ein Architekt hat im hessischen Oberursel bei Frankfurt eine frühere Trafostation als Wohnhaus umgebaut. Nach jahrelanger Arbeit ist daraus ein Schmuckstück namens „Villa Stierstadt“ geworden.

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In jahrelanger Arbeit haben Achim Schollenberger und Simone Stiefel das ehe-
malige Trafohäuschen zu einem Wohnhaus umgebaut. Bild: Frank Rumpenhorst/dpa

Von Sabine Maurer, dpa

Oberursel. Das Faible von Achim Schollenberger und Simone Stiefel für ungewöhnliche Behausungen ist offensichtlich. Meistens leben sie in einem ehemaligen Wasserturm in Usingen in Hessen, als Wochenenddomizil haben sie sich im nahen Oberursel in einer früheren Trafostation häuslich eingerichtet. Auf 14 Quadratmetern befinden sich Schlaf-, Wohnzimmer, Küche und Bad. „Es ist das kleinste frei stehende Haus Deutschlands“, sagt Stiefel auf der „Terrasse“, die eigentlich der Parkplatz des 23 Quadratmeter großen Grundstücks ist. „Villa Stierstadt“ hat das Paar sein Häuschen mitten im gleichnamigen Stadtteil genannt, das dort längst zur Sehenswürdigkeit avanciert ist. Die Außengestaltung ist von der Alten Oper in Frankfurt inspiriert; der Graffiti-Künstler Markus Janista hatte das Gebäude entsprechend besprüht, inklusive der Aufschrift „Dem Wahren Schoenen Guten“.

Große Dachfenster

Innen mangelt es zwar an Platz, aber nicht an Komfort. Eine elektrische Fußbodenheizung sorgt für angenehme Wärme, die schallgeschützten Fenster halten den Verkehrslärm draußen, dank ausgeklügelter Technik gibt es einen satten Sound aus der Musikanlage. Etliche kleine Details zeigen, wie viele Gedanken sich das Paar bei der Gestaltung gemacht hat. So ist an der Mikrowelle in der Küche ein altes Autoradio inklusive Zigarettenanzünder verbaut. „Damit laden wir auch die Handys auf“, so der Hausherr. Ein Stockwerk höher im Wohnzimmer löst das Paar gerne Sudoku in der Sitzecke, mit wenigen Handgriffen wird daraus abends eine Couch; gegenüber in der Ecke ist ein Fernseher angebracht. Zur Toilette und Dusche auf derselben Etage sind es nur wenige Schritte. Ganz oben unter dem Dach wird geschlafen, das Bett füllt den kompletten Raum. Durch die großen Dachfenster ist der Feldberg zu sehen. „Hier kann man es gut aushalten“, sagt Stiefel zufrieden. Lediglich für eine Waschmaschine fehle der Platz, doch das mache nichts: Ganz in der Nähe gebe es einen Waschsalon. Etwa zwei Jahre lang hat ihr Partner, der einst den Beruf des Architekten gelernt hat und nun in der Verwaltung der Stadt Neu-Anspach arbeitet, nach Feierabend und im Urlaub an dem Häuschen gewerkelt. Ganz am Anfang hatte seine Idee gestanden, ein solches Gebäude wohnlich umzugestalten. Deutschlandweit gebe es etliche umgebaute Transformatorenstationen, schreibt der Ingenieur IloFrank Primus in seinem Buch „Geschichte und Gesichter der Trafostationen“. Sie dienen als Atelier, Glockenturm oder Hotel. Die erste Trafostation in Deutschland ist nach Angaben von Primus 1891 im baden-württembergischen Lauffen gebaut worden. In den folgenden Jahren mehrten sich die Häuschen, die zunächst überwiegend in Großstädten gebaut wurden.

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Simone Stiefel und ihr Lebensgefährte Achim Schollenberger sitzen gemeinsam
im Dachgeschoss in ihrem kleinen Wohnhaus im im Bett.
Bild: Frank Rumpenhorst/dpa

65 000 Euro investiert

Bis zum Ersten Weltkrieg waren es in Deutschland bereits über 41000 Umspannstationen. Ihre Epoche ging erst in den 1980er Jahren zu Ende, als sie wegen des technischen Fortschritts nicht mehr benötigt wurden. Schollenberger hatte sich damals mehrere Stationen angeschaut, bevor seine Wahl auf das etwa 100 Jahre alte, etwas über zwei mal drei Meter große Oberurseler Häuschen fiel. Er bezahlte den Kaufpreis von einigen Tausend Euro, mittlerweile hat das Paar etwa 65000 Euro in das ehemalige Trafohäuschen gesteckt.

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So sieht es im ersten Stockwerk aus: Links ist das Bad mit Toilette und Duschka-
bine. Rechts eine kleine Sitzgruppe- Bild: Frank Rumpenhorst/dpa


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